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Kapitel 14: Anspruchsvolle Umgebungsbedingungen - Teil 1

Oft stehen wir Herausforderungen in den verschiedensten Umgebungsbedingungen gegenüber. In den Kapiteln 14 und 15 sehen wir uns diese Herausforderungen und die zur Verfügung stehenden Lösungen genauer an. Dabei betrachten wir folgende Bedingungen:

  1. Kalte, frostige Umgebung
  2. Warme Umgebung
  3. Nasse und staubige Umgebung
  4. Korrosive Umgebung, wie beispielsweise Seewasser bei Offshore-Anwendungen (Kapitel 15)

 

1. Kalte, frostige Umgebung

In Kapitel 2 haben wir uns bereits mit der richtigen Luftaufbereitung, bspw. die Trocknung von Druckluft, befasst. Bei Temperaturen von unter 0°C ist die Trocknung der Druckluft essentiell. Dabei muss insbesondere der Taupunkt beachtet werden.

Als Taupunkt, oder auch Taupunkttemperatur, wird die Temperatur bezeichnet, bei der sich auf einem Gegenstand ein Gleichgewichtszustand von kondensierendem und verdunstendem Wasser einstellt. Mit anderen Worten, die Kondensatbildung setzt gerade ein. Am Taupunkt beträgt die relative Luftfeuchtigkeit 100% und die Luft ist mit Wasserdampf (gerade) gesättigt.

Im Bereich unter Null Grad Celsius spricht man auch vom Frostpunkt.

Wenn Luft komprimiert wird, steigt der relative Anteil der in der Luft enthaltenen Stoffe, somit auch des Wassers, d.h. es fällt Wasser aus. Der Luftdruck hat damit einen elementaren Einfluss.

Was es zu beachten gibt: Der Taupunkt der Druckluft muss 15°C unterhalb der Umgebungstemperatur liegen. Nur dann kann die Druckluft beim komprimieren den Wasseranteil halten. Wird dies nicht beachtet, gibt die Druckluft Wasserpartikel in die Leitungen, Ventile oder Aktuatoren ab, welches dann gefriert und zu Ausfällen oder starken Leckagen führen kann.

Daher ist die Auswahl eines adäquaten Trockners die Voraussetzung für einen fehlerfreien Betrieb der Anlage. Wir empfehlen die Verwendung eines Adsorptionstrockners. Bitte beachten Sie die Angabe zum Taupunkt des Trockners, welcher mindestens 15°C unterhalb der Umgebungstemperatur liegen sollte!

Beispiel:

Wenn wir in der Betriebsanleitung / im Katalog angeben, dass der Taupunkt 15° C unter der aktuellen Temperatur liegen muss, bedeutet dies, dass die relative Luftfeuchtigkeit der Druckluft deutlich kleiner als 100% sein muss. Eine Kondensatbildung und ein Einfrieren werden dadurch vermieden. 

In den JOYNER Tieftemperaturventilen wird ein Spezialfett verwendet, wodurch die Ventile bei -40 °C oder sogar -50 °C eingesetzt werden können. Auf eine eigene Schmierung oder Ölung der Druckluft sollte verzichtet werden, da dies zu Leckagen oder Fehlfunktionen führen kann.

Aufgrund der niedrigen Temperaturanforderung sind die Ventile der TT-Serie mit speziellen PUR Lippendichtringen ausgestattet, bei denen der Druckanschluss nur an Anschluss 1 möglich ist. Optional ist ein weiteres Dichtsystem verfügbar, bei dem der Druckanschluss auch an anderen Anschlüssen möglich ist. Bitte kontaktieren Sie uns für weitere Informationen.

Unterhalb von -40 °C kann die Leckage des Ventils auf 10 cm3/Minute steigen.

Die Typnummer der Tieftemperaturventile endet auf „TT“ beziehungsweise „AIR TT“ (optionales Dichtsystem):
                - BR 311 701 TT
                - HV 511 701 TT
                - MH 510 701 G TT
                - MNH 510 701 TT

Insbesondere die Materialauswahl für die Dichtelemente ist bei Tieftemperaturanwendungen entscheidend. PUR, Silikone und Tieftemperatur-NBR eignen sich besonders gut. Aber nicht nur das Material, sondern auch die Geometrie der Dichtungen spielt eine entscheidende Rolle.

Die Teile der kältebeständigen Zylinder bestehen in der Regel aus rostfreiem Stahl, eloxiertem Aluminium, Sinterbronze oder Messing. Die Dichtungen bestehen aus Polyurethan und NBR.
Unter -20 °C erhärten die normalen NBR-Dichtungen und verlieren das Dichtvermögen, wodurch der Zylinder undicht wird. Zylinder, die bei hohen Temperaturen verwendet werden, sind in der Regel mit FKM-Dichtungen ausgestattet, die allerdings nicht für Temperaturen unter 0 °C geeignet sind.

Unsere Luftaufbereitungseinheiten sind in der Regel bis -10 °C einsetzbar. Es ist wichtig, dass die im Filterbecher gesammelte Feuchtigkeit nicht gefriert, da das Eis den Behälter beschädigen kann. Daher wird bei Temperaturen unter 0°C empfohlen, einen Filter mit automatischer Entleerung einzusetzen.

Aber nicht nur die Hauptkomponenten wie Ventile und Zylinder müssen den extremen Temperaturen standhalten, sondern auch die „Übertragungselemente“. Hierzu zählt insbesondere der Druckluftschlauch. Die folgende Tabelle zeigt den Temperaturbereich der einzelnen Schläuche und Verschraubungen.

 


2. Warme Umgebung

Warme Umgebungsbedingungen treten nicht nur in Produktionsprozessen mit hohen Temperaturen auf, sondern auch in besonders warmen Gebieten wie beispielsweise der Golf-Region in Afrika oder Australien. Vor allem bei Anwendungen mit direkter Sonneneinstrahlung können hier schnell die üblichen Temperaturbereiche überschritten werden. Bei diesen Produkten ist daher die richtige Auswahl der Gummi- und Plastikkomponenten essentiell.

 

Pneumatikventile sind mit verschiedensten Dichtmaterialien erhältlich wie beispielsweise NBR, PUR, FKM / FPM oder EPDM. Dichtungen aus FKM und FPM eignen sich sehr gut für heiße Umgebungen und werden daher häufig verwendet. Der Grundstoff dieser Dichtungen (Fluorkautschuk/ Fluorelastomer) ist identisch, wobei die unterschiedlichen Bezeichnungen auf die unterschiedlichen Normen zurückzuführen sind. Während die FPM-Bezeichnung der Norm DIN-ISO entspricht, entspricht die FKM-Bezeichnung der amerikanischen Norm ASTM.

Magnetventile für Hochtemperaturanwendungen stellen Hersteller vor große Herausforderungen

Im Allgemeinen ist es einfacher reine Pneumatikventile für Hochtemperaturanwendungen zu konstruieren als Magnetventile, da die elektrische Betätigung des Magneten zusätzliche Wärme erzeugt. Daher limitieren die meisten Magnetsystemhersteller ihre Systeme auf +50°C/+60°C. Durch die Auswahl von wärmebeständigen Materialien, kann JOYNER jedoch die Magnetventile für +80°C (DC-Anwendungen) anbieten. Ventile ohne Elektrik sind bis +120°C verfügbar.

Sollte ein Magnetventil in einem Bereich vorgesehen sein, in dem Temperaturen von über +80°C herrschen, besteht die Möglichkeit, dieses durch ein reines Pneumatikventil zu ersetzen. Die Ansteuerung des Pneumatikventils kann dann wiederum über ein Magnetventil erfolgen, dass außerhalb dieses Bereiches installiert ist.

Achten Sie zudem beim Bau von Schaltschränken darauf, dass nicht zu viele Magnetventile in einem kleinen Schrank untergebracht werden. Die Magnete erwärmen den Schrank, da der größte Teil des Stromverbrauchs in Wärme umgewandelt wird. Dies kann zum Ausfall von den Magnetventilen und anderen elektrischen und elektronischen Bauteilen führen. Ein Belüftungssystem kann hierbei Abhilfe schaffen.

Bei der Spezifikation von Magnetventilen für Hochtemperaturanwendungen spielt die Voltage und die max. Einschaltdauer eine entscheidende Rolle. Im Allgemeinen erhitzen sich AC Magnete stärker als DC Magnete.

Die Einschaltdauer (ED) bezeichnet den maximal zulässigen Betriebsintervall eines Betriebsmittels, nach dem eine Ruhephase zu erfolgen hat, um das Betriebsmittel nicht zu beschädigen oder zu zerstören. Die Nennbetriebsarten sind u. a. in der DIN VDE 0530-1 festgelegt.

 

 

 

Für Magnetventile definiert die max. Einschaltdauer die maximale Zeit der Bestromung des Magneten. Diese max. Einschaltdauer ist als „ED“ auf den Magneten gekennzeichnet. Die meisten JOYNER Ventile sind 100% ED und können daher dauerhaft bestromt werden. Für Anwendungen mit einer langen Betätigungsdauer empfehlen wir den Einsatz von FKM Dichtungen im Ankersystem. NRB würde mit der Zeit aushärten und ist daher nicht optimal geeignet. Die meisten JOYNER Ventile sind standardmäßig mit FKM Ankersystem-Dichtungen ausgestattet.

 

 

 

Die Typnummer der JOYNER hitzebeständigen Ventile endet auf „HT“ (Magnetventile) beziehungsweise „VIT“ (Ventile ohne Elektrik):

  • MH 311 015 HT
  • MNH 520 121 HT
  • P 510 701 VIT
  • HVR 520 701 VIT

3. Nasse und staubige Umgebung: der IP-Schutz

Bei Magnetspulen und elektrischen Anschlüssen muss auf das Eindringen von Staub und Wasser geachtet werden, daher sollten sie geschützt werden. Der IP-Schutz (International Protection Marking) weist auf die internationalen Schutzarten hin. Diese gibt die Schutzart der Umhüllung (Gehäuse) zum Schutz der Stromkreise elektrischer Geräte gegen verschiedene Umgebungsbedingungen an. Die IP-Schutzarten sind in der Norm IEC 60529:1989 beschrieben, die anhand von praktischen Tests ermittelt wurden.

 

Die Schutzart ist mit 2 Kennziffern gekennzeichnet.

  • Die erste Kennziffer des IP-Codes kann von 0 bis 6 sein. Diese Kennziffer bezieht sich auf den mechanischen Schutz gegen das Eindringen von Fremdkörpern.
  • Die zweite Kennziffer kann von 0 bis 9K sein. Diese Kennziffer betrifft den Schutz gegen Wasser.

Einige Beispiele aufgrund der vorherigen Beschreibungen:
 

IP65:     vollständig staubgeschützt UND geschützt vor Strahlwasser mit niedrigem Druck von allen Seiten

IP66:     vollständig gegen Staub geschützt UND geschützt gegen starkes Strahlwasser und Eintauchen in Wasser

IP67:     vollständig staubgeschützt UND geschützt gegen zeitweiliges Eintauchen in Wasser

IP68:     vollständig staubgeschützt UND Dauereinsatz unter Wasser in einer Tiefe von 1 bis     

              3 Meter für 30 Minuten möglich (wird aber von den Herstellern einzeln bestimmt)

IP69:    vollständig staubgeschützt UND Dauereinsatz unter Wasser in einer Tiefe von höchstens

             3 Meter für 1 Stunde möglich


Bitte beachten Sie, dass eine höhere IP Schutzklasse nicht automatisch die niedrigeren IP Schutzarten miteinschließt. Beispiel: Ein Ventil mit IP67 Schutz ist nicht automatisch auch für IP66 geeignet.

IP-Schutz für JOYNER Magnetsysteme:

Die JOYNER Ventile werden in der Regel mit Schutzart IP65 geliefert. Weitere Schutzarten gemäß untenstehender Tabelle und auf Anfrage.

 

 

 

Zum Schutz in sehr feuchten und schmutzigen Umgebungen, empfehlen wir den Einsatz von zusätzlichen Rückschlagverschraubungen in den Abluftanschlüssen. Diese Lösung ist für die Abluftanschlüsse 3 und 5, sowie für das Magnetsystem erhältlich.

 

 

 

Schutz des Magnetsystems, Typ MSR:

 

Schutz für die Abluftanschlüsse, Typ ESR:

Hinweis: Oftmals wird Viton® als Synonym für FKM/FPM verwendet, wobei Viton® eine von DuPont (Chemours) eingetragene und geschützte Marke ist.