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Kapitel 11: Ventile und Antriebe mit der NAMUR-Schnittstelle

Steuerventile mit NAMUR-Schnittstelle zur Steuerung von Prozessventilen

1. Pneumatische Betätigung von Prozessventilen   

Prozessventile können grundsätzlich manuell, elektrisch, hydraulisch oder pneumatisch angetrieben werden. Bei automatisierten Prozessventilen werden häufig pneumatische Antriebe in Form von Linearantrieben (Pneumatikzylindern) oder Drehantrieben (Drehzylindern) eingesetzt. 

 



Egal ob mit Linear- oder Drehantrieb, die pneumatische Steuerung von Prozessventilen erfreut sich großer Beliebtheit.   

Die pneumatisch betriebenen Antriebe haben zahlreiche Vorteile gegenüber den Elektroantrieben wie: 

  • Hohes Drehmoment
  • geringer Wartungsaufwand
  • wenig Ersatzteile
  • hohe Anzahl an Schaltzyklen
  • Be- / Überlastbarkeit
  • Auch in explosionsgefährdeter Umgebung einsetzbar
  • kostengünstig

     


Prozessventile haben einen sehr breiten Anwendungsbereich. Hierauf gehen wir nicht näher ein.

In diesem Kapitel beschreiben wir ausschließlich die pneumatisch betriebenen Drehantriebe und die dafür vorgesehenen Steuerventile (NAMUR-Ventile).


Eine pneumatisch angetriebene Armatur gliedern wir in drei Teile:


 


1. Prozessventil
Teil des Rohrleitungssystems. Beispielsweise Kugelhahn oder Klappenventil.

 

2. Pneumatischer  Drehantrieb
Öffnet und schließt das Ventil.

 

3. Steuerventil  (NAMUR-Ventil)
Wegeventil, steuert den Drehantrieb.


Weitere wichtige Elemente können sein:

  • Endschalterbox zur Überwachung der Schaltstellung,
  • Handnotgetriebe zum Öffnen und Schließen per Handrad,
  • Stellungsregler, welcher die Endschalterbox ersetzt und meistens das Steuerventil beinhaltet.

2. Pneumatisch angetriebene Drehantriebe

Der Aufbau, die Ausführung und die Bemaßung der pneumatisch betriebenen Drehantriebe sind je nach Hersteller unterschiedlich.

Häufig arbeiten Drehantriebe nach dem so genannten Zahnstangen-Ritzel Prinzip. Dadurch wird die Linearbewegung der Kolben in eine Drehbewegung umgewandelt. Ein weiteres gängiges Antriebsprinzip ist der Kurbelgelenkantrieb auch Scotch-Yoke-Antrieb genannt. Dieser bietet einen besseren, nicht linearen Kraftverlauf, ist aber konstruktionsbedingt etwas teurer. Häufig werden Kurbelgelenkantriebe für tendenziell größere Antriebe zur Erzeugung größerer Drehmomente eingesetzt.

 

Der Zahnstangen-Ritzel Antrieb:

 

Die beiden Zahnstangen sind jeweils mit einem Kolben verbunden. Die Kolben werden mit Druckluft bewegt.

Die Zahnstangen wirken dabei auf ein Ritzel, welches über eine Welle das Prozessventil öffnet oder schließt.


Durch Bewegung der Zahnstangen dreht sich das Zahnrad / Ritzel.

 


Drehantriebe gibt es analog zum Linearzylinder auch in zwei Grundausführungen:

  • doppeltwirkender Antrieb
  • einfachwirkender Antrieb (Federrückstellung )

Bei den doppeltwirkenden Drehantrieben wird, abhängig davon in welcher Richtung die Welle gedreht werden soll, Druckluft an die innere oder äußere Fläche der Kolben geleitet. Die Steuerung kann dabei über ein 5/2- oder  5/3- Wegeventil erfolgen.


Bei einfachwirkenden Antrieben wird die Rückstellung in Grundposition über eine mechanische Feder gelöst.


Bei dieser Ausführung sind die mechanischen Federn in den beiden gegenüberliegenden Kammern, dem sogenannten „Federraum“, montiert. 

Bei Entlüftung der Antriebsseite sorgen die Federn dafür, dass die Kolben in die Grundstellung fahren. Dadurch schließt auch die Antriebswelle.


Drehantriebe besitzen zwei wichtige Norm-Anschlussflächen:

  • Anschlussfläche zum Steuerventil  | VDI/VDE 3845 (NAMUR)
  • Anschlussfläche zum Prozessventil | ISO 5211 | DIN 3337

     


VDI/VDE 3845 (NAMUR)

Die NAMUR-Norm bestimmt die Schnittstelle, auf der die Steuerventile direkt an den Drehantrieb montiert werden können. 

 


ISO 5211 | DIN 3337

Diese Norm bestimmt die Schnittstelle zum Prozessventil.

 



3. NAMUR-Ventile

NAMUR-Ventile sind Steuerventile, die eine genormte (nach VDI/VDE 3845), sogenannte NAMUR-Schnittstelle, besitzen.

NAMUR-Ventile unterscheiden sich von den konventionellen Steuerventilen (Muffenventilen) dadurch, dass die Arbeitsanschlüsse an der Flachseite des Ventils angebracht sind. Dort befinden sich auch die Befestigungsbohrungen zur Montage am Antrieb.

Die nachfolgende Abbildung zeigt ein 5/2-Wege NAMUR-Magnetventil. Die normierten Anschlussmaße der 1/4“ NAMUR-Schnittstelle sind ebenfalls angegeben.

 

Typenbezeichnung: MNH 510 701

 


Neben der 1/4“ Schnittstelle gibt es auch noch eine 1/2“ Schnittstelle:

  • 1/4"- Anschluss NAMUR-Ventil  | Bezeichnung : [NAMUR 1/4"] auch NAMUR 1
  • 1/2"-Anschluss  NAMUR-Ventil  | Bezeichnung : [NAMUR 1/2"] auch NAMUR 2

     

 

T

D1

D2

M

NAMUR G1/4"

G 1/8" / G 1/4"

32

24

M 5

NAMUR G1/2"

G 3/8" / G 1/2"

45

40

M 6


M-Bohrung: Zur Montage des Positionierstifts  (Gewindestift) am Antrieb. Dieser passt in die Sacklochbohrung im Ventil und definiert somit die Wirkrichtung des Ventils. 

R-Bohrung: Zur Befestigung des Ventils am Antrieb. 

Auf dem linken Bild ist ein elektrisch gesteuertes 5/2-Wege NAMUR-Ventil abgebildet, Typ MNH 510 701. Dieses dient zur Steuerung eines doppeltwirkenden Drehantriebs.

Die Arbeitsanschlüsse 2 und 4 sind an der Flachseite des Ventils. Die Dichtung zwischen Steuerventil und Antrieb erfolgt über im Ventil eingelegte O-Ringe.

 


Anschluss 1 = Versorgungsluft sowie 3 und 5 = Abluftanschlüsse sind an der Stirnseite des Ventils. Diese Anschlüsse haben ein Gewinde. 
 



Auf dem linken Bild ist ein elektrisch gesteuertes 3/2-Wege NAMUR-Ventil abgebildet, Typ MNH 310 701. Dieses dient zur Steuerung eines  einfachwirkenden Drehantriebs.

Arbeitsanschluss 2 und ein Entlüftungsanschluss 3 sind an der Flachseite des Ventils.


Anschluss 1 = Versorgungsluft sowie 3  = Abluftanschluss sind an der Stirnseiten des Ventils. Diese Anschlüsse haben ein Gewinde. 


Ein konventionelles 3/2-Wege Muffenventil besitzt 3 Anschlüsse, auf dem Foto hat das 3/2-Wege NAMUR-Ventil aber 4 Anschlüsse. Weshalb ist das so?

Einfachwirkenden Drehantriebe haben zwei pneumatische Anschlüsse. Einfachwirkende Linearzylinder hingegen besitzen nur einen gewindeten Anschluss.  


Bei Drehantrieben versorgt einer der beiden Anschlüsse die Antriebseite des Antriebs mit Druckluft. Der andere Anschluss führt zum Federraum.  Dieser wird durch den Anschluss 3 des NAMUR-Ventils be- und entlüftet.


Zielsetzung ist die sogenannte Federraumbelüftung. Mit der Federraumbelüftung soll vermieden werden, dass bei der Betätigung des Zylinders Umgebungsatmosphäre in den Antrieb gesaugt wird. Dadurch wird der Antrieb vor Verschmutzung und Korrosion bewahrt. Für die Federraumbelüftung soll ausschließlich saubere Prozessluft verwendet werden. 


Wenn die Betätigungsseite des Drehantriebs entlüftet wird (3/2-Wegeventil n.c. in Grundstellung), gelangt ein Teil der ausströmenden Prozessluft in den Federraum des Drehantriebs. Die überflüssige Luft wird durch den Entlüftungsanschluss des Ventils abgeblasen (im Symbol rot markiert).


4. JOYNER Ventile mit NAMUR-Schnittstelle

 

JOYNER pneumatic bietet ein außergewöhnlich breites Programm an Ventilen und Zubehör mit NAMUR-Schnittstelle an: 

  • Magnetventile  | 3/2-, 5/2- und 5/3-Wege
  • pneumatisch gesteuerte Ventile  | 3/2-, 5/2- und 5/3-Wege
  • Handhebelventile  | 3/2-, 5/2- und 5/3-Wege
  • Alle Betätigungsarten in NAMUR 1 und NAMUR 2
  • Drosselplatten
  • Schnellentlüfter- und Umluftblöcke
  • Verschiedene manuell, pneumatisch oder elektrisch betätigte Sicherheitsventile
  • Platten und Zubehörteile

 


Zusätzlich zu den Standard Katalogkomponenten, bieten wir eine breite Auswahl an Geräten für individuelle Ansprüche: 

  • NAMUR Flex |  5/2-Wegeventil, mit Flex-Pack 3/2-Wege mit Federraumbelüftung
  • Rostfreie Ausführung | 1.4404 Edelstahl (316L)
  • Kältebeständige Ausführung  | -50°C ... +50°C
  • BSP oder NPT Gewindeanschlüsse
  • ATEX zertifizierte Geräte für explosionsgefährdete Umgebung
  • Auswahl verschiedener Materialien  | buntmetallfreie Ausführung
  • Luftfeder-, und Kombi-Feder Ausführung
  • Geräte bei denen die Anschlüsse  2 und 4 getauscht sind
  • unterschiedliche Handhilfsbetätigungen


Kennwerte des JOYNER Standard 5/2-Wege

NAMUR-Ventils Typ MNH 510 701:

 

  • Nennweite :  DN 7 mm
  • Nenndurchfluss: 1250 l/min
  • Betriebsdruck : 2 ... 10 bar
  • Leistungsaufnahme: 3 W / 5 VA (bei MA 22 Magnetspulen)
  • Pneumatischer Anschluss:    G 1/4"
  • NAMUR-Anschluss: 1/4" (NAMUR 1)

 

MNH 511 701:  kombinierte Federrückstellung, verfügt über eine Luft- und mechanische Feder. 


Baugrößen von JOYNER NAMUR-Ventilen

  • 701 Serie | Durchfluss: 1250 l/min | pneumatischer Anschluss: G 1/4" | Anschlussfläche: NAMUR 1/4"
  • 101 Serie  | Durchfluss: 2250 l/min | pneumatischer Anschluss: G 3/8" | Anschlussfläche: NAMUR 1/4" à Ausführung „maximaler Durchfluss“
  • 121 Serie  | Durchfluss: 3000 l/min | pneumatischer Anschluss: G 1/2" | Anschlussfläche: NAMUR 1/2"

 

Normgerecht enthält der Katalog die Nenndurchflusswerte in l/min.

Nenndurchfluss: bei  p1=6 bar Eingangsdruck, p=1 bar, Strömungswert der Druckluft (l/min).


Neben einem hohen Durchfluss von 1.250 l/min und einem sehr kompakten Design, bietet die  JOYNER NAMUR-Serie 701 zahlreiche weitere Vorteile:

  1. Befestigungsmutter für die Spule, schützt das Magnetsystem gegen Feuchtigkeit und Verschmutzung.
  2. Vollummantelte Magnetspule, 360° drehbar. Auf Wunsch auch in ATEX-Ausführung lieferbar.
  3. Ankerrohr aus Messing.
  4. Kunststoff  (PA) Deckel.
  5. Handhilfsbetätigung aus Messing. . Andere Betätigungsarten und Materialien lieferbar.
  6. Kolbenschieber aus rostfreiem Stahl, weitere Innenteile: Messing, POM, NBR, FKM.
  7. Rostfreie Befestigungsschrauben.
  8. Ventilkörper aus eloxiertem Aluminium.
  9. Deckelbuchse aus Messing.
  10. Einzigartiges JOYNER Dichtsystem mit dem schwimmenden O-Ring.


     

4. Auswahl an Zubehörprodukten


MNH 350 701: NAMUR-Flex Ventil  

Das MNH 350 701 ist ein elektrisch gesteuertes monostabiles 5/2-Wegeventil mit Luftfeder. Es wird ohne Flex-Platte zur Steuerung von doppeltwirkenden Drehantrieben verwendet.

(Funktion ist gleich wie bei dem Ventil MNH 510 701.)


Durch Hinzufügen der Flex-Platte Typ FP 701 wir das Ventil ein 3/2-Wegeventil mit Federraumbelüftung und kann somit auf einfachwirkenden Drehantrieben verwendet werden.

Das MNH 351 701 verfügt über eine kombinierte Luft- /mechanische Federrückstellung


MNH 350 701                                          MNH 350 701 + Flex Platte
Funktionsweise 5/2-Wegeventil             Funktionsweise 3/2-Wegeventil
 


DRN…: NAMUR-Drosselplatten

Die JOYNER Drosselplatten bieten eine sehr präzise Regelung  der Öffnungs- und Schließgeschwindigkeit von Drehantrieben. 

Die Regelung ist dabei mit 5- und 3-Wege Steuerventilen möglich.

 

Bei einfachwirkenden Drehantrieben ist die Drosselplatte zudem die einzige Lösung, um die Öffnungs- und Schließgeschwindigkeit unabhängig voneinander zu regeln.


Die Drosselplatten gibt es generell mit 2 Einstellmöglichkeiten.

 

  1. DRN _ 601: mit Handbetätigung über Rändelschraube
  2. DRN_ 611: einzustellen mit Schraubendreher

 

Die Drosselplatten sind mit der 1/4“ sowie der 1/2“ NAMUR-Schnittstelle verfügbar.

Montage zwischen NAMUR-Steuerventil und Antrieb oder mit GPN-1/4 Gewindeplatte für Direktverschlauchung.

 



UB 701: NAMUR-Umluftblock
 

Der Umluftblock stellt die Federraumbelüftung bei einfachwirkenden Drehantrieben sicher, wenn diese über extern installierte 3/2-Wege Ventile gesteuert werden. Bspw. aus einem Schaltschrank.




Das eingebaute Rückschlagventil verhindert zuverlässig, dass keinerlei Umgebungsatmosphäre in den Drehantrieb gelangt.

Mit NAMUR-Schnittstelle zur Montage am Antrieb, G1/4“-Anschluss zur Versorgung mit Druckluft und 2 Stück G1/4“ Entlüftungsbohrungen.



Weitere Informationen zu den NAMUR-Ventilen und dem Zubehör finden Sie auch in unserem Katalog „NAMUR-Ventile“.

WICHTIG! Die Druckregelung in der Pneumatik ist eigentlich eine Mengenregelung. Die Luftmenge im Bereich hinter dem Regler muss so groß sein, dass der eingestellte Überdruck erreicht wird. Es muss sich einGleichgewicht zwischen Federkraft und Druckkraft einstellen.